The Examined Life / Das geprüfte Leben. Ernst F. Brod (1901-1978)
Künstler/in
Heidi Schatzl
Datierung2019
InventarnummerPA-783
Beschreibung
In einer 2000 Seiten umfassenden, unveröffentlichten Autobiografie erzählt der Auswanderer Ernst F. Brod (1901-1978) die Geschichte des Dorfes Erlauf und jene Österreichs vor und im Nationalsozialismus. 2017 brachte die Künstlerin Heidi Schatzl Auszüge aus dem Manuskript als temporäre Wandreliefs in das Museum ERLAUF ERINNERT, von wo sie 2019 als permanente Rauminstallation an das Erlaufer Gemeindeamt überführt wurden.
Ernst F. Brod war jüdischer Sozialdemokrat. Als solcher verließ er bereits 1934 Österreich. Er ging nach Paris, 1938 in die Türkei und von dort in die USA, wo er bis zu seinem Tod lebte. In den letzten zehn Lebensjahren schrieb Brod seine Lebensgeschichte auf, die er als aufmerksamer Chronist in die politischen und historischen Ereignisse seiner Zeit einbettete. Erlauf und seine Bewohnerinnen spielen in dem Manuskript eine zentrale Rolle: Brod berichtet vom bäuerlichen Leben, von der Enteignung, Deportierung und Ermordung seiner Familie, aber auch von der Solidarität, die er erfuhr. Zum einen versuchte er "Österreichs Weg in die Gesetzlosigkeit" (Ernst F. Brod)nachzuvollziehen, zum anderen quälte in die Frage, warum er, obwohl er alles kommen sah, seine Familie nicht zur Emigration bewegen konnte.
Heidi Schatzl, die in ihren künstlerischen Projekten an der Schnittstelle von Raum, Zeit und kulturgeschichtlicher Forschung arbeitet, machte Brods ambivalentes Verhältnis zu seiner Heimat und die nach dem Krieg verschütteten Erinnerungen zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit und konstruierte aus der Lebensgeschichte Brods, aus seinem Abwägen der "kleinen" autobiografischen Zusammenhänge gegenüber den "großen" historischen einen Erinnerungsspeicher, ein quasi ausgelagertes kollektives Gedächtnis des Ortes. Dazu verarbeitete sie ausgewählte Textseiten aus dem Manuskript und Bildmaterial aus privaten Erlaufer Fotoalben wie Archiven zu raumfüllenden Wandreliefs, die die Besucherinnen förmlich in die Geschichte Brods eintauchen lassen. Mit vier freistehenden Säulen verweist die Künstlerin auf Brods politisches Denken und seinen Anteil am Aufbau der Moderne als Bauingenieur bei Clemens Holzmeister in der Türkei. Durch die ausgesparten Fenster blickt man auf das ehemalige Gasthaus Teufl, wo sein Bruder Georg Brod eingesperrt wurde, bis er seiner "" seines Geschäftes zustimmte.
Ernst Brods Sohn John gab dem Manuskript nach dem Tod des Vaters einen Titel: "The Examined Life / Das geprüfte Leben". In Anlehnung an den griechischen Philosophen Sokrates, der ein "ungeprüftes Leben" als "nicht lebenswert" bezeichnete, verweist er damit auf die unermüdliche Auseinandersetzung seines Vaters mit der Wahrheit.
"In Brods Wahrheit liegt auch jene von Erlauf, von Österreich und die der Welt. Sehen wir sie als Bauteile eines Brückenbauers", so Heidi Schatzl.
In dem Künstlerinnenbuch "Die Manuskripte des Ernst F. Brod" hat Heidi Schatzl in 15 Heften Auszüge des Manuskripts von Ernst F. Brod mit wissenschaftlichen Beiträgen und einem Gespräch mit Brods Tochter in einer Art Archivbox zusammengestellt. Dazu gibt das Buch Einblick in private Fotoalben wie Archive und enthält eine musikalische Interpretation von Brods Lebensgeschichte durch das Roman Britschgi Quartett auf CD.
Heidi Schatzl, Die Manuskripte des Ernst F. Brod, herausgegeben von Katharina Blaas-Pratscher und Katrina Petter. Mit Beiträgen von Charlotte E. El Shabrawy, Cornelia Offergeld, Katharina Prager, Andreas Suttner und der beigelegten CD des Roman Britschgi Quartett ist 2018 im Verlag Mandelbaum erschienen. Erhältlich unter anderem im Museum ERLAUF ERINNERT und im Gemeindeamt Erlauf.
"Erinnerungsspeicher" Erlauf
Gemeindeamt, 1. Stock
Melker Straße 1
3253 Erlauf
Öffnungszeiten
MO-MI, FR: 08.00-12.00 Uhr
DO: 07.00-12.00, 14.00-18.00 Uhr
Eintritt frei
Ernst F. Brod war jüdischer Sozialdemokrat. Als solcher verließ er bereits 1934 Österreich. Er ging nach Paris, 1938 in die Türkei und von dort in die USA, wo er bis zu seinem Tod lebte. In den letzten zehn Lebensjahren schrieb Brod seine Lebensgeschichte auf, die er als aufmerksamer Chronist in die politischen und historischen Ereignisse seiner Zeit einbettete. Erlauf und seine Bewohnerinnen spielen in dem Manuskript eine zentrale Rolle: Brod berichtet vom bäuerlichen Leben, von der Enteignung, Deportierung und Ermordung seiner Familie, aber auch von der Solidarität, die er erfuhr. Zum einen versuchte er "Österreichs Weg in die Gesetzlosigkeit" (Ernst F. Brod)nachzuvollziehen, zum anderen quälte in die Frage, warum er, obwohl er alles kommen sah, seine Familie nicht zur Emigration bewegen konnte.
Heidi Schatzl, die in ihren künstlerischen Projekten an der Schnittstelle von Raum, Zeit und kulturgeschichtlicher Forschung arbeitet, machte Brods ambivalentes Verhältnis zu seiner Heimat und die nach dem Krieg verschütteten Erinnerungen zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit und konstruierte aus der Lebensgeschichte Brods, aus seinem Abwägen der "kleinen" autobiografischen Zusammenhänge gegenüber den "großen" historischen einen Erinnerungsspeicher, ein quasi ausgelagertes kollektives Gedächtnis des Ortes. Dazu verarbeitete sie ausgewählte Textseiten aus dem Manuskript und Bildmaterial aus privaten Erlaufer Fotoalben wie Archiven zu raumfüllenden Wandreliefs, die die Besucherinnen förmlich in die Geschichte Brods eintauchen lassen. Mit vier freistehenden Säulen verweist die Künstlerin auf Brods politisches Denken und seinen Anteil am Aufbau der Moderne als Bauingenieur bei Clemens Holzmeister in der Türkei. Durch die ausgesparten Fenster blickt man auf das ehemalige Gasthaus Teufl, wo sein Bruder Georg Brod eingesperrt wurde, bis er seiner "" seines Geschäftes zustimmte.
Ernst Brods Sohn John gab dem Manuskript nach dem Tod des Vaters einen Titel: "The Examined Life / Das geprüfte Leben". In Anlehnung an den griechischen Philosophen Sokrates, der ein "ungeprüftes Leben" als "nicht lebenswert" bezeichnete, verweist er damit auf die unermüdliche Auseinandersetzung seines Vaters mit der Wahrheit.
"In Brods Wahrheit liegt auch jene von Erlauf, von Österreich und die der Welt. Sehen wir sie als Bauteile eines Brückenbauers", so Heidi Schatzl.
In dem Künstlerinnenbuch "Die Manuskripte des Ernst F. Brod" hat Heidi Schatzl in 15 Heften Auszüge des Manuskripts von Ernst F. Brod mit wissenschaftlichen Beiträgen und einem Gespräch mit Brods Tochter in einer Art Archivbox zusammengestellt. Dazu gibt das Buch Einblick in private Fotoalben wie Archive und enthält eine musikalische Interpretation von Brods Lebensgeschichte durch das Roman Britschgi Quartett auf CD.
Heidi Schatzl, Die Manuskripte des Ernst F. Brod, herausgegeben von Katharina Blaas-Pratscher und Katrina Petter. Mit Beiträgen von Charlotte E. El Shabrawy, Cornelia Offergeld, Katharina Prager, Andreas Suttner und der beigelegten CD des Roman Britschgi Quartett ist 2018 im Verlag Mandelbaum erschienen. Erhältlich unter anderem im Museum ERLAUF ERINNERT und im Gemeindeamt Erlauf.
"Erinnerungsspeicher" Erlauf
Gemeindeamt, 1. Stock
Melker Straße 1
3253 Erlauf
Öffnungszeiten
MO-MI, FR: 08.00-12.00 Uhr
DO: 07.00-12.00, 14.00-18.00 Uhr
Eintritt frei
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Standort KiÖRGemeindeamt Erlauf
SammlungskonvolutKunst im öffentlichen Raum Niederösterreich
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Objektname: Plakat
LK2426/232
1870
- Druckerei Sommer St. Pölten