Plattform / Platzgestaltung beim Haus des Lebens Ybbsitz
Künstler/in
Leo Schatzl
(Obernberg am Inn 1958)
Datierung2018
InventarnummerPA-768
Beschreibung
Leo Schatzls Installation beim Haus des Lebens in Ybbsitz ist eine offene „Plattform“, die auf verschiedenste Arten genutzt bzw. aus mehreren Perspektiven wahrgenommen werden kann. Nur als Baukörper gesehen, ist sie eine Bühne, ein Versammlungsplatz oder ein Rückzugsort. In einer immateriellen Funktion ist sie ein über dem Bach auskragender geistiger Freiraum außerhalb des dörflichen Alltagsgeschehens. Als Skulptur vereint sie diese materielle und immaterielle Eben und kann symbolhaft für vieles stehen: Man kann hier mit Menschen zusammenkommen, man kann sich aber auch einschiffen – in einer fiktiven Seemannsromantik natürlich – und von Ybbsitz, dem kleinen Ort in Niederösterreich mit der großen Schmiedetradition („Schmieden in Ybbsitz“ ist in der Liste des Immateriellen UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen), imaginär in die große weite Welt aufbrechen und am Ende seiner Reise auch wieder hier landen.
Das Konzept für die „Plattform“ entwickelte Leo Schatzl aus der genauen Beobachtung und Analyse des architektonischen und demografisch-geografischen Umfelds des Platzes zwischen dem Haus des Lebens, einem integrativen Wohnhaus, in dem ältere Menschen betreut werden, und der Musikschule heraus. Wie ein Archäologe, der die Gegenwart anhand eines konkreten Ortes vermisst und abtastet, nähert sich der Künstler den jeweiligen künstlerischen Herausforderungen im öffentlichen Raum und verknüpft die konkreten Plätze mit lokalen wie globalen gesellschaftlichen Entwicklungen. In Ybbsitz orientierte sich Leo Schatzl zunächst an den bestehenden Bauten und Terrassen, die über dem Prollingbach wie schwebend auskragen. Diese alte Bauweise der minimalen „Landgewinnung“ verband er mit Überlegungen zu aktuellen Formen der Mobilität und des temporären Verweilens durch Container und Plattformen – von ökonomisch über romantisch bis prekär – und wirft damit auch gezielt Fragen nach den sozialen und politischen Aspekten von Plattformen auf, die in euphemistischen Wortschöpfungen wie „Anlandeplattformen“ oder „Ausschiffungsplattformen“ für Flüchtlingslager in Nordafrika in der gegenwärtigen Asylpolitik ihren zynischen Ausdruck finden.
Ein Industrie-Metall-Container wurde „entmantelt“ und mit massiven Stahlteilen zu einer offenen, überdachten Plattform verstärkt, die nun zwei Meter vom Ufer weg in den Luftraum über dem Bach hineinkragt. Die Stufen, die vom Parkplatz zu ihr hinaufführen, sind gleichzeitig als Sitzpodeste nutzbar. Aus den Seitenteilen des Containers wurden Tröge gefertigt. Über der „Plattform“ schwebt ein einfaches ringförmiges Zeichen, das universell als Symbol für Inklusion und Verbundenheit lesbar ist: Der über eine dünne Eisenkonstruktion gezogene Leuchtkörper aus glasfaserverstärktem Kunststoff von zwei Meter Durchmesser wurde von Leo Schatzl speziell für die Installation entwickelt. Auf einem neun Meter hohen, bogenförmig auslaufenden Rohr befestigt, ist der Ring in der Dunkelheit weithin sichtbar und kennzeichnet das Objekt unmissverständlich als eine Art metaphorischen Hafen für Zusammenkunft und Gemeinschaft.
Leo Schatzl liefert eine Rahmenkonstruktion aus Containerteilen, die durch Möblierung wie durch soziale Handlungen genutzt und erweitert werden kann. Als Grundausstattung dienen aus Containerfragmenten angefertigte Blumenkisten, die von der lokalen Bevölkerung bepflanzt werden können. Weitere Möbel dürfen in Eigenregie der BewohnerInnen des Ortes folgen. Neben dieser Einladung zur aktiven Partizipation ist die Skulptur auch eine Anregung zum Nachdenken über gesellschaftliche Entwicklungen. Dabei gilt das Interesse des Künstlers dem Verschwinden von alltäglichen Orten der sozialen Kommunikation wie z. B. Wirtshäusern in ländlichen Strukturen und der damit zusammenhängenden menschlichen Isolation. Dieser Entwicklung setzt Leo Schatzl ein symbolhaftes Zeichen entgegen. Dieser Notwendigkeit von lokalen Kommunikationsorten stellt er die Sehnsucht nach der Ferne gegenüber und schafft einen Raum, in dem das Bedürfnis nach dem Aufgehoben-Sein in einer Gemeinschaft gleichzeitig mit der Neugierde nach dem Fremden und dem Wagemut der Weltreisenden existieren kann.
Der Umgang mit nomadischen Baukörpern, mit Containern, Schiffen, Autos bzw. mit Mobilität begleitet die künstlerische Arbeit Leo Schatzls. Immer wieder rückt er Objekte aus ihren angestammten (Bedeutungs-)Räumen und lässt sie so ihre Bedeutung selbstreflexiv infrage stellen. Dabei vermittelt er auch eine grundlegende Skepsis gegenüber physischen wie geistigen Eingrenzungen und territorialen Machtansprüchen. Indem er Leerräume für soziale Funktionen oder Denkfelder entwirft, schafft Leo Schatzl mit seinen Objekten immer auch „negative Skulpturen“, wie er sie nennt. Neben aller Skepsis, mit der der Künstler dabei den aktuellen gesellschaftlichen Umgang mit den globalen menschlichen und ökonomischen Bewegungsströmen betrachtet, schwingt immer auch eine romantische Hoffnung auf die Möglichkeit von Freiräumen mit. (Cornelia Offergeld)
Das Konzept für die „Plattform“ entwickelte Leo Schatzl aus der genauen Beobachtung und Analyse des architektonischen und demografisch-geografischen Umfelds des Platzes zwischen dem Haus des Lebens, einem integrativen Wohnhaus, in dem ältere Menschen betreut werden, und der Musikschule heraus. Wie ein Archäologe, der die Gegenwart anhand eines konkreten Ortes vermisst und abtastet, nähert sich der Künstler den jeweiligen künstlerischen Herausforderungen im öffentlichen Raum und verknüpft die konkreten Plätze mit lokalen wie globalen gesellschaftlichen Entwicklungen. In Ybbsitz orientierte sich Leo Schatzl zunächst an den bestehenden Bauten und Terrassen, die über dem Prollingbach wie schwebend auskragen. Diese alte Bauweise der minimalen „Landgewinnung“ verband er mit Überlegungen zu aktuellen Formen der Mobilität und des temporären Verweilens durch Container und Plattformen – von ökonomisch über romantisch bis prekär – und wirft damit auch gezielt Fragen nach den sozialen und politischen Aspekten von Plattformen auf, die in euphemistischen Wortschöpfungen wie „Anlandeplattformen“ oder „Ausschiffungsplattformen“ für Flüchtlingslager in Nordafrika in der gegenwärtigen Asylpolitik ihren zynischen Ausdruck finden.
Ein Industrie-Metall-Container wurde „entmantelt“ und mit massiven Stahlteilen zu einer offenen, überdachten Plattform verstärkt, die nun zwei Meter vom Ufer weg in den Luftraum über dem Bach hineinkragt. Die Stufen, die vom Parkplatz zu ihr hinaufführen, sind gleichzeitig als Sitzpodeste nutzbar. Aus den Seitenteilen des Containers wurden Tröge gefertigt. Über der „Plattform“ schwebt ein einfaches ringförmiges Zeichen, das universell als Symbol für Inklusion und Verbundenheit lesbar ist: Der über eine dünne Eisenkonstruktion gezogene Leuchtkörper aus glasfaserverstärktem Kunststoff von zwei Meter Durchmesser wurde von Leo Schatzl speziell für die Installation entwickelt. Auf einem neun Meter hohen, bogenförmig auslaufenden Rohr befestigt, ist der Ring in der Dunkelheit weithin sichtbar und kennzeichnet das Objekt unmissverständlich als eine Art metaphorischen Hafen für Zusammenkunft und Gemeinschaft.
Leo Schatzl liefert eine Rahmenkonstruktion aus Containerteilen, die durch Möblierung wie durch soziale Handlungen genutzt und erweitert werden kann. Als Grundausstattung dienen aus Containerfragmenten angefertigte Blumenkisten, die von der lokalen Bevölkerung bepflanzt werden können. Weitere Möbel dürfen in Eigenregie der BewohnerInnen des Ortes folgen. Neben dieser Einladung zur aktiven Partizipation ist die Skulptur auch eine Anregung zum Nachdenken über gesellschaftliche Entwicklungen. Dabei gilt das Interesse des Künstlers dem Verschwinden von alltäglichen Orten der sozialen Kommunikation wie z. B. Wirtshäusern in ländlichen Strukturen und der damit zusammenhängenden menschlichen Isolation. Dieser Entwicklung setzt Leo Schatzl ein symbolhaftes Zeichen entgegen. Dieser Notwendigkeit von lokalen Kommunikationsorten stellt er die Sehnsucht nach der Ferne gegenüber und schafft einen Raum, in dem das Bedürfnis nach dem Aufgehoben-Sein in einer Gemeinschaft gleichzeitig mit der Neugierde nach dem Fremden und dem Wagemut der Weltreisenden existieren kann.
Der Umgang mit nomadischen Baukörpern, mit Containern, Schiffen, Autos bzw. mit Mobilität begleitet die künstlerische Arbeit Leo Schatzls. Immer wieder rückt er Objekte aus ihren angestammten (Bedeutungs-)Räumen und lässt sie so ihre Bedeutung selbstreflexiv infrage stellen. Dabei vermittelt er auch eine grundlegende Skepsis gegenüber physischen wie geistigen Eingrenzungen und territorialen Machtansprüchen. Indem er Leerräume für soziale Funktionen oder Denkfelder entwirft, schafft Leo Schatzl mit seinen Objekten immer auch „negative Skulpturen“, wie er sie nennt. Neben aller Skepsis, mit der der Künstler dabei den aktuellen gesellschaftlichen Umgang mit den globalen menschlichen und ökonomischen Bewegungsströmen betrachtet, schwingt immer auch eine romantische Hoffnung auf die Möglichkeit von Freiräumen mit. (Cornelia Offergeld)
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Standort KiÖRYbbsitz
SammlungskonvolutKunst im öffentlichen Raum Niederösterreich