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Glossar

Abendland

Der Begriff „Abendland“ – gleichbedeutend mit dem Begriff „Okzident“ – ist eine bildliche Bezeichnung ohne konkrete räumliche Abgrenzung, unter dem zumeist der mittlere und westliche Teil Europas zusammengefasst wird. Der Ausdruck erfuhr in Abgrenzung zum Begriff „Morgenland“ zentrale Bedeutung. Durch die Unterscheidung wird die christlich-lateinische Geschichte Mittel- und Westeuropas von jener der christlich-orthodox geprägten Länder und des Islams kulturell abgegrenzt. Die Gegenüberstellung von „Orient“ und „Okzident“ bzw. „Abendland“ und „Morgenland“ wurde stets von diametralen Bedeutungsinhalten getragen und ist bis heute oft ideologisch belastet. Der Begriff gilt als problematisch, wenn er in einem abwertenden, generalisierenden und stereotypen Zusammenhang Verwendung findet.

Anschluss

Der Begriff „Anschluss“ beschreibt die Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich im März/April 1938. Der Begriff wird als problematisch ausgewiesen, da ihn die Nationalsozialisten als verharmlosende Beschreibung jener Vorgänge etablierten. Sie wollten damit von der auf Erpressung und Gewaltandrohung basierenden Selbstauflösung der österreichischen Republik ablenken. Ferner dürfen die Anführungszeichen aber keinesfalls als Betonung der Unfreiwilligkeit des „Anschlusses“ verstanden werden. Der „Anschluss“ Österreichs kann zwar im staatsrechtlichen Sinn als erzwungen beschrieben werden, jedoch erfuhren die deutschen Truppen beim Einmarsch keinen nennenswerten Widerstand. Im Gegenteil: Sie wurden, wie auf Fotografien ersichtlich, von Massen an Menschen jubelnd begrüßt.

Arier

„Arier“ diente ursprünglich einer Volksgruppe im heutigen Iran zur Selbstbezeichnung. Im Zuge des Aufkommens der Rassentheorie im 19. Jahrhundert avancierte „Arier“ zur Bezeichnung einer vermeintlichen Rasse, der unter anderem die Deutschen und Österreicher angehören würden und die anderen vermeintlichen Rassen physisch und kulturell überlegen sei. Dieser Rassismus versteht Juden nicht als Angehörige einer Religionsgemeinschaft, sondern als eigene Rasse, welche im größtmöglichen Gegensatz zu den „Ariern“ stünde. Die Begriffe „Arier“ und „arisch“ blieben selbst im „Dritten Reich“ vollkommen diffus und unklar, weshalb sie in keinen Gesetzestexten zu finden sind.

Arierparagraph

Als „Arierparagraphen“ galten zunächst Aufnahmebeschränkungen in Vereinssatzungen, die es nur „Ariern“ erlaubten, Mitglied zu sein. Dies richtete sich gegen Juden und Angehörige slawischer Völker, um diese aus Vereinen hinauszudrängen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 führten diese „Arierparagraphen“ in allen Bereichen der deutschen Gesellschaft ein, angefangen mit dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933, infolgedessen Juden aus dem Staatsdienst entlassen wurden. In den darauffolgenden Jahren erfolgte eine stete Ausweitung derartiger Maßnahmen, wodurch deutschen Staatsbürgern jüdischen Glaubens eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nicht mehr möglich war. Mit dem „Anschluss“ von 1938 galten die Bestimmungen auch in Österreich.

Arisierung

Unter „Arisierung“ bezeichneten Antisemiten und später die Nationalsozialisten zunächst den Ausschluss von Juden mithilfe von sogenannten Arierparagraphen aus der Wirtschaft und Organisationen wie Vereinen. Mit der Machtübernahme der NSDAP 1933 bezeichnete der Begriff zusätzlich die erzwungene Übergabe von materiellen Gütern wie Häusern, Kunstwerken und Firmen an den Staat. Zunächst erhielten die betroffenen Personen noch Entschädigungen für diesen Zwangsverkauf ausbezahlt, wobei diese um ein Vielfaches unter den üblichen Marktpreisen lagen. Mit den Verordnungen zur „Arisierung“ von 1938 wurde die entschädigungslose Beschlagnahmung zur Regel, was Menschen, die als Juden galten, die wirtschaftliche Lebensgrundlage entzog.

Blitzkrieg

Der Begriff „Blitzkrieg“ steht beispielhaft für die verschleiernde Propagandasprache im Nationalsozialismus. Der schon vor der NS-Zeit als militärische Strategie geläufige Begriff erfuhr in der NS-Propaganda in Bezug auf den Angriff auf Polen und die Westfeldzüge der deutschen Wehrmacht eine weitverbreitete Verwendung. Er sollte eine kurze Dauer des Krieges mit Hilfe modernster Technik suggerieren und den Blick von Verlusten und Opfern der Kampfhandlungen ablenken. Der Begriff gilt als problematisch, wenn er in einem beschönigenden und generalisierenden Zusammenhang sowie zur Verherrlichung der deutschen Wehrmacht Verwendung findet.

Deutsch-völkisch

„Völkisch“ bzw. „deutsch-völkisch“ bezeichnet in nationalistischen Kreisen seit dem 19. Jahrhundert die Zugehörigkeit zum deutschen Volk, wobei Menschen in vermeintliche Rassen unterteilt werden. Dieses rassistische Denken ermöglicht es Vertretern der völkischen Ideologie, sogenannte Fremdvölkische bzw. Fremdrassige als nicht zum deutschen Volk zugehörig gesellschaftlich auszugrenzen und zu verfolgen. Die Nationalsozialisten und allen voran Adolf Hitler versuchten, den Begriff weitestgehend zu vermeiden. Zum einen war er als Sammelbegriff zu ungenau, zum anderen wollte man sich von rechtsextremen und religiösen Gruppen distanzieren, welche ihn seit dem Ende des 19. Jahrhunderts als Selbstbezeichnung führten. Im „Dritten Reich“ galt „völkisch“ als Synonym für nationalsozialistisch.

Exot

Der Begriff „Exot“ bzw. „exotisch“ kann im jeweiligen Kontext eine unterschiedliche Bedeutung annehmen. Problematisch ist der Begriff, wenn er Verwendung findet, um aus eurozentrischer Perspektive die zugeschriebene „Fremdheit“ vorwiegend außereuropäischer Regionen und Menschen auf Basis kultureller Unterschiede negativ hervorzuheben. Dieser Vorgang der kulturellen Unterscheidung geht meist auf eine durch die Kolonialzeit geprägte Wahrnehmung zurück. Dagegen kann der Begriff auch eine positive Bedeutung als Ausdruck für Sehnsucht, Neugier oder Wertschätzung gegenüber außereuropäischen Regionen verdeutlichen.

Führer

Ursprünglich bezeichnete Führer den Vorsitzenden einer Partei oder politischen Organisation. Die Beschreibung Hitlers als Führer ist erstmals im November 1922 nachweisbar, mit der Neugründung der NSDAP 1925 setzte sich diese innerhalb der Partei langsam durch. Mit dem Tod des deutschen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 2. August 1934 wurde dessen Amt und das des Reichskanzlers unter der Bezeichnung Führer und Reichskanzler zusammengeführt. Im selben Jahr erfolgte ein Verbot für politische Leiter, sich als Führer zu bezeichnen. Anweisungen an die Presse verlangten gängige Begriffe wie „Führer des Betriebs“ in „Betriebsführer“ oder „U-Boot-Führer“ in „U-Boot-Kommandant“ abzuändern. Der Begriff Führer avancierte dadurch zur exklusiven Bezeichnung Hitlers als alleiniger Anführer

Häuptling

Der Begriff „Häuptling“ ist eine generalisierende und willkürlich verwendete Fremdbezeichnung für außereuropäische politische Mächtige, unabhängig von deren bestehenden Eigenbezeichnungen und Eigenwahrnehmung. Der Begriff ist stark von einer kolonialen Wahrnehmung geprägt und setzt sich zusammen aus dem Wortstamm „Haupt“ und der Silbe „-ling“, die eine verkleinernde und zumeist abwertende Konnotation beinhaltet. Als sprachlicher Ausdruck eines eurozentrischen Weltbildes wertet er außereuropäische Herrschaftsformen und politische Systeme ab und suggeriert zudem eine der eigenen Hegemonie unterlegene Primitivität. Darüber hinaus ist der Begriff mit visuellen Stereotypen verbunden und blendet die Führung von Frauen im Kontext außereuropäischer Gesellschaften aus.

Hexe

Der Begriff Hexe kann im jeweiligen Kontext eine unterschiedliche Bedeutung annehmen. Als problematisch gilt der Begriff, wenn er als abwertende Bezeichnung für Frauen dient. Verwendung findet der Ausdruck beispielsweise in Märchen, Sagen und Mythen, wo die Trennlinien zwischen positiver, neutraler und negativer Beschreibung oftmals nicht eindeutig verlaufen. Historisch ist der Terminus mit den Hexenverfolgungen vom Ende des 15. bis zum 18. Jahrhundert verbunden, die sich vornehmlich gegen Frauen richteten und denen in Europa mehrere zehntausend Menschen zum Opfer fielen.

Hitlerjugend

Die Hitlerjugend wurde 1926 als Jugendorganisation der NSDAP für Jungen im Alter von 14 bis 18 Jahren gegründet – die Abteilung für Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren hieß Bund Deutscher Mädel (BDM). Mit der Machtübernahme 1933 wurde die HJ zur staatlichen Jugendorganisation und bildete ein wesentliches Instrument zur Indoktrinierung der Jugend mit der NS-Ideologie. Mit ihrer paramilitärischen Ausbildung diente sie ebenfalls der Vorbereitung für den Krieg. Mit dem Gesetz über die Hitlerjugend aus dem Jahr 1936 und der Einführung der Jugenddienstpflicht 1939 wurde die HJ für alle Jugendlichen verpflichtend.

Indianer

Der Begriff „Indianer“ ist eine Fremd- und Sammelbezeichnung für die indigenen Bevölkerungsgruppen Nord- und Südamerikas. Die Bezeichnung geht auf den historischen Irrtum von Christoph Kolumbus zurück, der annahm, einen Seeweg von Europa nach Indien entdeckt zu haben. Der verallgemeinernde und diskriminierende Begriff aus der Kolonialzeit ist mit Stereotypen besetzt, die weder die Lebensrealität noch die Vielfalt der Kulturen und Sprachen der indigenen Bevölkerungsgruppen abbilden. Aus diesem Grund wird von indigenen Bevölkerungsgruppen die Bezeichnung abgelehnt und die Verwendung von alternativen zusammenfassenden Begriffen wie Indigene, Native Americans und First Nations vorgezogen.

Judengenossen

Martin Luther prägte mit seiner Übersetzung von Matthäus 23:15 den Begriff der „Judengenossen“, welcher darüber hinaus in der Lutherbibel noch weitere drei Mal in der Apostelgeschichte zu finden ist. Luther verwendete den Begriff zur Beschreibung von Proselyten, was Menschen bezeichnete, die von anderen Religionen zum Judentum übergetreten waren. Wie die ersten politischen Antisemiten im 19. Jahrhundert nutzten die Nationalsozialisten den Ausdruck als Diffamierung. Dieser verunglimpfte Menschen und politische Ideen, welche den vermeintlichen Zielen des sogenannten Weltjudentums zuarbeiten würden. Entsprechend konnte der Begriff „Judengenossen“ unter anderem für liberale Demokraten, Sozialdemokraten, Kommunisten, Pressevertreter sowie Bankiers Verwendung finden.

Judenstern

Das verpflichtende Tragen des sogenannten Judensterns galt seit September 1941 für alle Menschen, die aus Sicht der Nationalsozialisten Juden waren. Der gelbe Aufnäher in Form eines Davidsterns mit der Aufschrift Jude musste auf die Bekleidung in Brusthöhe angebracht werden. Damit wurde bezweckt, dass neben gläubigen Juden auch Menschen mit christlichem Bekenntnis, die aber laut den Nürnberger Rassengesetzen von 1935 als Juden und somit als nicht mehr zur „deutschen Volksgemeinschaft“ zugehörig galten, öffentlich sichtbar waren. Eine solche Stigmatisierung von Juden, Konvertiten und deren Nachfahren lässt sich bereits für das 16. Jahrhundert in Spanien belegen. Diese von der katholischen Kirche initiierte Maßnahme diente den Nationalsozialisten als Vorbild für den Judenstern.

Judenvermögensabgabe

Mit dem Euphemismus einer Vermögungsabgabe bzw. Sühneleistung bezeichneten die Nationalsozialisten ab 1938 willkürlich erhobene Abgaben für deutsche Staatsbürger, die nach den Nürnberger Rassengesetzen als Juden galten. Nach dem Attentat von Herschel Grynszpan auf den deutschen Botschaftsangehörigen Ernst Eduard vom Rath in Paris wurde am 12. November 1938 von Hermann Göring die Verordnung über eine Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit erlassen. Sämtliches Vermögen, welches 5.000 Reichsmark überstieg, wurde pauschal mit 20 Prozent als „Sonderabgabe“ an den deutschen Staat besteuert. Pläne für einen solchen Raub existierten bereits seit 1936. Mit dem Einzug der „Sonderabgabe“ verhinderte die nationalsozialistische Regierung den bevorstehenden Staatsbankrott Deutschlands.

Kraft durch Freude

Gegründet am 27. November 1933 als Unterorganisation der Deutschen Arbeitsfront (DAF), verfolgte die KdF das Ziel der Schaffung eines „neuen deutschen Menschen und einer neuen deutschen Gesellschaftsordnung“. Die Arbeiterschaft sollte durch bis dato finanziell nur dem Bürgertum vorbehaltene Freizeitmöglichkeiten in die sogenannte Volksgemeinschaft integriert werden, wodurch die KdF-Angebote ein Bestandteil der nationalsozialistischen „Wohlfühldiktatur“ (Götz Aly) darstellten. Neben Theaterveranstaltungen sowie Rundfahrten organisierte die KdF auch Schiffsreisen nach Skandinavien und baute auf der Ostseeinsel Rügen große Ferienanlagen unter Ausbeutung von Zwangsarbeitern.

Landsmannschaft

Der Begriff Landsmannschaft kann im jeweiligen Kontext eine unterschiedliche Bedeutung annehmen und meint hier den Sammelbegriff für die sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus deutschsprachigen Vertriebenen gegründeten Interessenverbände. Die Landmannschaften vertraten lange Zeit revisionistische Forderungen. Der Mitgliederverlust der Erlebnisgeneration führte in den Landsmannschaften zu einem Umdenken und einem Fokus auf die Traditionspflege.

Lesbe

Der Begriff Lesbe oder lesbisch bezeichnet eine Frau, die sich auf eine emotionale und körperliche Art und Weise zu Frauen hingezogen fühlt. Die Bezeichnung kann im jeweiligen Kontext eine unterschiedliche Bedeutung annehmen und ist dann als problematisch einzuordnen, wenn sie in einem diskriminierenden und abwertenden Zusammenhang Verwendung findet. Dem gegenüber steht der Gebrauch des Begriffs als Selbstbezeichnung und als neutraler und positiver Terminus.

Mohr

Der Begriff „Mohr“ ist eine rassistisch diskriminierende Fremdbezeichnung für Menschen dunkler Hautfarbe mit Herkunft aus afrikanischen oder anderen außereuropäischen Ländern, die sich spätestens seit der Kolonialzeit im deutschsprachigen Raum etablierte. Der Begriff diente darüber hinaus – auch in bildlicher Form – zur Bezeichnung und Bewerbung fremdartiger Waren aus Kolonialgebieten. Die deutsche Sprache kennt viele Redewendungen, die mit dem Begriff „Mohr“ neben Exotik auch Abwertung, Unterwürfigkeit und Dummheit assoziieren. Die beleidigende Fremdbezeichnung ist aufgrund ihrer diskriminierenden Bedeutungsinhalte und historischen Ambiguität heute ausnahmslos abzulehnen. Sie wird nur bei originalen Werktiteln und dem Transkript historischer Quellen unter Anführungszeichen beibehalten.

Morgenland

Der Begriff „Morgenland“ – gleichbedeutend mit dem Begriff „Orient“ – ist eine bildliche Bezeichnung ohne konkrete räumliche Abgrenzung, unter dem historisch unterschiedliche Gebiete von den christlich-orthodox geprägten Ländern über den arabischen bis zum ost- oder südostasiatischen Raum zusammengefasst wurden. Im heutigen Sprachgebrauch meint der Begriff den Nahen Osten und die arabisch-muslimische Welt. Der Begriff ist vom Islambild des Mittelalters und der Frühen Neuzeit geprägt. Die Unterscheidung zwischen „Orient“ und „Okzident“ bzw. „Abendland“ und „Morgenland“ wurde von starken Bedeutungsinhalten getragen und ist bis heute oft ideologisch belastet. Der Begriff gilt als problematisch, wenn er in einem abwertenden, generalisierenden und stereotypen Zusammenhang Verwendung findet.

Novemberpogrome

Das Attentat auf den Pariser Botschaftsmitarbeiters Ernst Eduard vom Rath durch Herschel Grynszpan am 7. November 1938 nutzen die Nationalsozialisten als Vorwand, um reichsweite Pogrome gegen Juden durchzuführen. Nach Raths Tod am 9. November begannen die Zerstörungen von Synagogen, Geschäften, jüdischen Versammlungsräumen und Friedhöfen. Der Gewalt fielen rund 2.000 Menschen zum Opfer, über 300 verübten Suizid. Rund 30.000 Juden wurden in Konzentrationslager deportiert. Davon starben 1.000 infolge von Mord, Misshandlung, Unterernährung und Kälte. Um von der organisierten Aktion abzulenken, verwendeten die Nationalsozialisten nicht den heute gängigen Begriff (Reichs-)Pogromnacht, sondern „(Reichs-)Kristallnacht“, eine euphemistische Anspielung auf die zerstörten Schaufensterscheiben.

Nürnberger Rassegesetze

Der Begriff Nürnberger Gesetze – auch Nürnberger Rassengesetze – ist eine Sammelbezeichnung für die auf dem Nürnberger Reichsparteitag 1935 erlassenen Gesetze zur Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung der vom NS-Regime als jüdisch bezeichneten Menschen und weiterer Bevölkerungsgruppen wie Roma und Sinti. Die Rassengesetzgebung machte diese Menschen zu Staatsangehörigen des Deutschen Reichs ohne politische und soziale Rechte und diente der Vorbereitung der millionenfachen Ermordung der im Nationalsozialismus als „rassisch minderwertig“ erklärten Menschen.

Orient

Der Begriff „Orient“ – gleichbedeutend mit dem Begriff „Morgenland“ – ist eine bildliche Bezeichnung ohne konkrete räumliche Abgrenzung, unter dem historisch unterschiedliche Gebiete von den christlich-orthodox geprägten Ländern über den arabischen bis zum ost- oder südostasiatischen Raum zusammengefasst wurden. Im heutigen Sprachgebrauch meint der Begriff den Nahen Osten und die arabisch-muslimische Welt. Die Begriffe ist vom Islambild des Mittelalters und der Frühen Neuzeit geprägt. Die Unterscheidung zwischen „Orient“ und „Okzident“ bzw. „Abendland“ und „Morgenland“ wurde von starken Bedeutungsinhalten getragen und ist bis heute oft ideologisch belastet. Der Begriff gilt als problematisch, wenn er in einem abwertenden, generalisierenden und stereotypen Zusammenhang Verwendung findet.

Ostmark

Der Begriff „Ostmark“ wurde von den Nationalsozialisten missbräuchlich entlehnt und von Adolf Hitler in seiner Rede am 15. März 1938 am Wiener Heldenplatz als Synonym für Österreich verwendet. In den folgenden Monaten gebrauchten Presse und Verwaltung den Begriff als Bezeichnung für das ehemalige Österreich, um die öffentliche Erinnerung an dessen Selbstständigkeit zu tilgen. Im Dezember 1940 ergingen Weisungen an Parteiorganisationen und Presse, zukünftig statt Ostmark die Namen der jeweiligen Gaue zu verwenden. Im Jänner 1942 wurde die Nutzung des Begriffs gänzlich verboten, für das Gebiet des ehemaligen Österreichs lautete fortan die offizielle Bezeichnung „Alpen- und Donau-Reichsgaue“.

privilegierte Mischehe

Ehen zwischen Juden und Christen galten im „Dritten Reich“ als Mischehen, wobei die Nürnberger Rassengesetze festlegten, wer als Jude galt. Das Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre von 1935 untersagte die Eheschließung zwischen vermeintlichen Juden sowie „Deutschblütigen“ und stellte derartige sexuelle Beziehungen unter Strafe. Bestehende Ehen unterschieden die Nationalsozialisten in privilegiert und nichtprivilegiert. Mischehen mit Kindern galten grundsätzlich als privilegiert, wodurch die Familien nicht in „Judenhäuser“ umziehen mussten und im Normalfall keine Deportationen erfolgten. Dennoch waren Eheleute von antisemitischen Maßnahmen betroffen. Die vermeintliche Privilegierung hatte den alleinigen Hintergrund, keine Unruhe in der Bevölkerung hervorzurufen.

Rasse

Der Begriffe „Rasse“ bildet in Bezug auf Menschen ein diskriminierendes soziales Konstrukt, das willkürlich gewählte Ähnlichkeiten (Hautfarbe, körperliche Merkmale, Wesenszüge etc.) vermischt und zu „Menschenrassen“ hierarchisiert. Die Existenz unterschiedlicher menschlicher „Rassen“ ist heute wissenschaftlich widerlegt und eine Verwendung des Begriffes ist ausnahmslos abzulehnen. Die Vorstellung von der Existenz menschlicher „Rassen“ beeinflusste vor allem im 19. und frühen 20. Jahrhundert den Blick auf den Menschen und ermöglichte im Kolonialismus, Faschismus und Nationalsozialismus die Ausbeutung, Versklavung und Vernichtung von Millionen von Menschen.

Reichsarbeitsdienst

Der Reichsarbeitsdienst wurde 1935 vom NS-Regime eingeführt und verpflichtete alle Männer zwischen 18 und 25 Jahren zu einem halbjährigen Arbeitsdienst, der 1939 auch für Frauen eingeführt wurde. Die jungen Erwachsenen wurden für unterschiedliche Arbeiten eingesetzt – Frauen in der Landwirtschaft sowie im karitativen Bereich und Männer vor allem zur Errichtung von Infrastrukturprojekten. Der Arbeitsdienst verfolgte damit wirtschaftliche, politische und ideologische Ziele im Sinne der NS-„Volksgemeinschaft“. Mit zunehmender Kriegsdauer erhielten die Angehörigen eine paramilitärische Ausbildung und der RAD diente immer mehr militärischen Zwecken.

Reichsgau Niederdonau

Infolge des „Anschlusses“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 lösten die Nationalsozialisten die bestehenden Bundesländer auf und gliederten die nunmehrige „Ostmark“ in sieben Reichsgaue. Damit sollten alle Bezüge und langfristig alle Erinnerungen an die österreichische Selbstständigkeit und Identität getilgt werden. Der Reichsgau Niederdonau umfasste das ehemalige Niederösterreich, wobei 97 vorher niederösterreichische Gemeinden mit Wien vereinigt wurden. Neben ehemaligen burgenländischen Bezirken gehörten dem Reichsgau nach dem Einmarsch in das Sudetenland und der Zerschlagung von Resttschechien auch Grenzgebiete Böhmens und Mährens an. Die Gauleitung hatte zunächst ihren Sitz in Krems an der Donau, jedoch erfolgte bereits 1938 die Übersiedlung nach Wien.

Ritualmord

Ritualmord bezeichnet die Tötung von Menschen im Rahmen ritueller Handlungen. Dabei muss der Getötete nicht zwangsläufig als Opfergabe dargebracht werden, wie bei Menschenopfern in religiösen Kontexten der Fall. Vermeintliche Ritualmorde fungieren meist als Vorwurf einer (religiösen) Mehrheitsgesellschaft gegenüber Minderheiten und Randgruppen. Seit dem 2. Jahrhundert unterstellten beispielsweise kirchliche Vertreter immer wieder, Juden würden christliche Kinder töten, um mit deren Blut geheime Rituale durchzuführen. Solche und weitere erfundenen Vorwürfe dienten bis in das frühe 20. Jahrhundert hinein als Legitimation für antisemitische Pogrome.

Schwul

Der Begriff Schwuler oder schwul bezeichnet einen Mann, der sich auf eine emotionale und körperliche Art und Weise zu Männern hingezogen fühlt. Die Bezeichnung kann im jeweiligen Kontext eine unterschiedliche Bedeutung annehmen und ist dann als problematisch einzuordnen, wenn sie als oberflächliche Zuweisung oder in einem abwertenden und diskriminierenden Zusammenhang Verwendung findet. Dem gegenüber steht der Gebrauch des Begriffs als Selbstbezeichnung und als neutraler und positiver Terminus.

Sudetendeutsch

Der Begriff Sudetendeutsche ist eine Sammelbezeichnung für die deutschsprachige Bevölkerung aus den ehemaligen Kronländern Österreichisch-Schlesien, Böhmen und Mähren. Namensgebend ist der Mittelgebirgszug der Sudeten, der sich zwischen Schlesien, Böhmen und Mähren erstreckt. Erst nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie fand der Begriff als politischer Kampfbegriff und Identitätsbezeichnung in der 1918 gegründeten Tschechoslowakei – vor allem in deutschnationalen Kreisen – eine breite Verwendung. Der Begriff wird heute umgangssprachlich für alle Deutschsprachigen verwendet, die bis 1938 Staatsangehörige der Tschechoslowakei waren und nach dem Zweiten Weltkrieg ausgewiesen wurden.

Sudetengau

Der Begriff Reichsgau Sudetenland oder verkürzt Sudetengau ist die nach dem Münchner Abkommen 1938 eingeführte Bezeichnung für eine Verwaltungseinheit des Deutschen Reiches, welche aus dem Großteil der 1938 einverleibten Gebiete der Tschechoslowakei bestand. Mit der Wiederherstellung des Staatsgebietes der Tschechoslowakei nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs endete die Existenz des Reichsgaues Sudetenland.

Swastika / Hakenkreuz

Die Swastika, ein Kreuz mit abknickenden Enden, nutzen Menschen aus einigen Kulturen als religiöses Symbol seit über 10.000 Jahren. Bis heute findet sie sich mit verschiedenen Bedeutungen in asiatischen Religionen. Antisemiten deuteten die Swastika im 19. Jahrhundert als urgermanisches Symbol, das für ein vermeintliches „Ariertum“ stünde. In der völkischen Bewegung avancierte das Hakenkreuz, eine Swastika mit nach rechts zeigenden Enden, zum Symbol für Germanentum, Rassendenken und Antisemitismus. Ab 1920 nutzte die NSDAP es als Parteisymbol, 1935 erklärten die Nationalsozialisten die Hakenkreuzfahne zur deutschen Nationalflagge. In Österreich ist das öffentliche Tragen, Zurschaustellen, Darstellen oder Verbreiten des Hakenkreuzes als nationalsozialistisches Symbol seit 1960 verboten.

Swastikafibel / Hakenkreuzfibel

Fibeln fanden von der Bronzezeit bis in das Mittelalter hinein Verwendung als Gewand- bzw. Sicherheitsnadeln zum Schließen von Kleidungsstücken. Neben der praktischen Verwendung konnten sie je nach Größe, Art und Ausgestaltung zusätzliche Funktionen als Symbolträger oder religiöses Objekt bzw. Zeichen übernehmen. Swastikafibeln – Fibeln in Swastika-Form oder mit Swastika-Verzierungen versehen – finden sich in einer Vielzahl antiker Kulturen. Ihre jeweils stark unterschiedlichen Bedeutungen und Funktionen hingen vom regionalen, religiösen und kulturellen Kontext ab.

Turnerkreuz

Im Zuge der deutschen Nationalstaatsbewegung zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstand innerhalb der aufstrebenden Turnerbewegung eine deutsch-nationalistische Grundhaltung. Vom ideologische Kopf der Bewegung, Friedrich Ludwig Jahn (Turnvater Jahn), stammt das Turnermotto „frisch, fromm, fröhlich, frei“. Das Turnerkreuz, welches die vier F des Leitspruchs sowie das Kreuz als Symbol christlichen Glaubens miteinander verbindet, war ursprünglich im hessischen Raum verbreitet, weshalb die dortigen Landesfarben Rot und Weiß übernommen wurden. Das Turnerkreuz fand vor allem in den bürgerlich geprägten Turnvereinen als Symbol Verbreitung.

Winterhilfswerk

Das Winterhilfswerk des Deutschen Volkes wurde 1933 gegründet. Die Tätigkeit des WHW umfasste das Sammeln und Verteilen von Sach- und Geldspenden. Von der NS-Propaganda öffentlichkeitswirksam unterstützt, dienten die Aktionen des WHW zur Mobilisierung der „Volksgemeinschaft“ sowie „Opferbereitschaft“ und wurden zum Inbegriff der vermeintlichen Wohlfahrtsarbeit im Nationalsozialismus. Verbunden mit den Sammelaktionen war der Abzeichenverkauf als Spendenbeleg. Derartige Abzeichen wurden in tausendfacher Ausführung und in Millionenauflage bei den Aktionen des WHW zwischen 1933 bis 1943 verteilt.

Zigeuner

Der Begriff „Zigeuner“ ist eine abwertende Fremd- und Sammelbezeichnung für Angehörige der Roma und Sinti und wird daher durch Eigenbezeichnungen ersetzt. Der Terminus mit seinen verschiedenen stigmatisierenden und diskriminierenden Stereotypen diente über Jahrhunderte der Ausgrenzung, Kriminalisierung und Verfolgung der als „Zigeuner“ diffamierten Personen. Dem gegenüber steht die Romantisierung von Stereotypen in Film, Musik und Literatur. Im Nationalsozialismus diente der Begriff als Rassenkategorie und war Bestandteil der Verfolgungs- und Vernichtungspolitik gegenüber Roma und Sinti.

Zwerg

Der Begriff „Zwerg“ kann im jeweiligen Kontext eine unterschiedliche Bedeutung annehmen. Als problematisch ist der Begriff zu betrachten, wenn er als abwertende Bezeichnung für kleinwüchsige Menschen dient. Dem gegenüber steht die Verwendung der Bezeichnung für das Fabelwesen „Zwerg“ aus Märchen, Sagen, Mythen oder Volksglauben. Von unterschiedlichen exotisierenden und stereotypisierenden Bedeutungen geprägt ist die Verwendung des Begriffs in der Geschichte. So dienten unter anderem an adeligen Höfen der Neuzeit kleinwüchsige Menschen als sogenannte Hofzwerge der Unterhaltung; groteske zwergenhafte Darstellungsformen und Figuren prägten bis ins 19. Jahrhundert den Begriff und damit den Blick auf kleinwüchsige Menschen.