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Landessammlungen Niederösterreich
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Handschriftliche und beglaubigte Kopie des Diktats "Mein Lebenslauf" von Johann Loschek
Landessammlungen Niederösterreich
© Landessammlungen Niederösterreich, Foto: Christoph Fuchs

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Handschriftliche und beglaubigte Kopie des Diktats "Mein Lebenslauf" von Johann Loschek

ObjektnameDiktat
Artefakte von Johann Loschek, Saaltürhüter von Kronprinz Rudolf (1845 - 1932)
Umkreis Kronprinz Rudolf (1858 - 1889)
Datierung19. Jänner 1928
Material/TechnikPapier
Maße34,2 × 21,5 cm
InventarnummerLK2489/41
ProvenienzAuerhof, Kleinwolkersdorf, Lanzenkirchen
Beschreibung
Mein Lebenslauf. Ein Loschek Josef war wie mir mein Großvater als ich heute 83 jähriger noch ein Kind war erzählte aus einer alten angesehenen böhmischen Jägerfamilie. Die Loschek stammten aus Benedikt in Böhmen. Dieser erste Loschek konnte aber nur wenig böhmisch es herrschte dort überall noch die deutsche Sprache. Die Familie Loschek besitzt heute noch den alten Freibrief des eingewanderten ersten Loschek, welcher ganz in deutscher Sprache abgefasst ist. Dies war mein Urgroßvater. derselben war in Böhmen auf dem Gute Erzbischofs Grafen Thun Oberjäger. Da kam einmal Kaiser Franz zu Besuch nach Böhmen, wo erstklassig gepflegte Jagden abgehalten wurden. Er äußerte den Wunsch auch in Wien sich solche Jagden einzurichten. Erzbischof Graf Thun sandete seinen Oberjäger Josef Loschek nach Österreich, welcher um in kaiserliche Dienst übertrat. Dessen Sohn, mein Großvater, kannte ich als ich noch ein Kind von 10 Jahren war. Mein Vater war ebenfalls in kaiserlichen Diensten zuerst in der Akademie in Wiener Neustadt und später als Forstverwalter in Schwarzau in der Naßwald. Ich erblickte im Forsthauses in der Wiener Neustädter Akadmie im Jahr 1845 das Licht der Welt. Ich studierte einige Klassen Gymnasium und dann die Forstlehranstalt Maria Brunn. Nach vollendung trat ich sofort in kaiserliche Dienste. Ich fand in den damals weit ausgedehnten Revieren Verwendung. So kam ich auch in den jagdlich sehr gepflegten Tiergarten. Da lernte ich den 11-jährigen Kronprinzen Rudolf kennen und lehrte ihm die ersten Anleitungen zur Jagd. Ich kam fortan oft und oft mit ihm in Berührung. Es war am 30. september 1877. Ich war gerade im Auhof kommandiert, da fuhren die Kaiserin Elisabeth und an ihrer Seite Rudolf vor und verlangten ausdrücklich von mir ein Glas Wasser, das ich Ihnen reichte. Ich bemerkte dass mich die KAiserin welche mich ja ohnehin kannte, von Kopf bis zu Fuß mustand ansah. Bereits am nächsten Tage hatte ich das Anstellungsdekret und war fortan an der Seite des Kronprinzen Rudolf. Ich traute meinen Augen nicht, ich hatte ja gar nicht angesucht um direkte Verwendung bei Hofe. War ich doch damals noch zu jung. Nächsten Tag bereits war ich in der Hofburg und trat meinen Dienst an. Als ich zufällig auf den Gängen in der Hofburg mit dem damaligen Oberstjägermeister zusammentraf sagte er mir mit vorausautmenden Worte: Also Ihnen Loschek hat das große Los getroffen. Gar bald war ich auch bei Hofe firm und hatte mir in den riesigen Räumen eine gute Orientierung angeeignet. Ich war nun an der Seite Rudolfs bis zu seinem Tode in Mayerling. Die richtige Darstellung des Dramas von Mayerling. Als einziger noch lebender Zeuge des Dramas von Mayerling (es waren überhaupt nur zwei und zwar Kammerdiener Loschek Johann und Graf Hoyos) will ich es nicht in das Grab nehmen, sondern habe es meinem Sohn Johann Loschek diktiert. Einfach und wahr.
Ich fuhr mit meinem Hofwagen am 29. Januar 1889 um 3/4 9 vorm. zum Südbahnhof, um nach Baden einzusteigen. Ab Baden fuhr ich mit meinem Fiaker Rosensteiner nach Mayerling, welches ich nach dem Geschmack Rudolfs eingerichtet hatte. Nachmittags kam der einzige Jagdgast Graf Hoyos an. Rudolf schickte Prinz Coburg zum Kaiser, er könne nicht kommen, da er Halsschmerzen habe. Ich selbst mußte dem Prinzen Coburg mündlich die Post übermitteln. Rudolf selbst kam erst abends mit seinem Leibfiaker Bratfisch mit Mary Vetsera an, und es begaben sich beide in das Zimmer. Gleich abends, als Forstmeister Hornsteiner über Jagdeinteilung mit Rudolf gesprochen hatte und er die morgige Jagd mit dem Hinweis, er habe keine Zeit, absagte, kam sofort Forstmeister Hornsteiner zu mir und sagte.- „Du, was ist's mit dem Kronprinzen, er hat jetzt mit mir gesprochen, hat aber an ganz etwas anderes gedacht." Ich selbst bemerkte auffallenderweise, wie er mich beim Abendessen, welches nur Rudolf und Hoyos allein einnahmen, dass er mich von Kopf bis zu Fuß groß ansah, als wollte er sagen, du bist es, welcher bald seinen guten, aber unglücklichen Herrn tot finden wird. Spätabends war es, als wir alle schlafen gingen. Für Rudolf und Vetsera gab es aber keinen Schlaf mehr. Ich schlief wie gewöhnlich im Nebenzimmer und Rudolf sagte mir beim Schlafengehen: „Sie dürfen niemand zu mir lassen, und wenn es der Kaiser ist!" Vetsera erwartete Rudolf im Zimmer, wo sie auch das letzte Nachtmahl eingenommen hatte. Ich hörte die ganze Nacht über Rudolf und Vetsera in sehr ernstem Tone sprechen. Verstehen konnte ich es nicht. 5 Minuten vor 1/4 7 Uhr früh kam Rudolf ganz vollständig angezogen zu mir in das Zimmer heraus und befahl mir, einspannen zu lassen. Ich war noch nicht im Hofe draußen, als ich zwei Detonationen hörte, ich lief sofort zurück, der Pulvergeruch kam mir entgegen, ich stürmte zum Schlafzimmer, doch war es entgegen der Gewohnheit Rudolfs gesperrt. (Sonst sperrt er das Zimmer nie ab.) Was nun machen, ich holte sofort Graf Hoyos, und mit einem Hammer bewaffnet, schlug ich die Türfüllung ein, so daß ich gerade mit der Hand hineinkonnte, um die Tür von innen aufzusperren. Welch grauenhafter Anblick - Rudolf lag entseelt auf seinem Bette angezogen, Mary Vetsera ebenfalls auf ihrem Bette vollständig angekleidet. Rudolfs Armeerevolver lag neben ihm. Beide hatten sich überhaupt nicht schlafen gelegt. Beiden hing der halbe Kopf herunter. Gleich beim ersten Anblick konnte man sehen, daß Rudolf zuerst Mary Vetsera erschossen hatte und dann sich selbst entleibte. Es fielen nur zwei wohlgezielte Schüsse. Die Anwesenheit einer dritten Person sowie daß Glasscherben im Kopfe Rudolfs steckten ist wie so vieles über Rudolfs Tod frei erfunden. Ich telegraphierte sofort unserem Leibarzt Baron Dr. Widerhofer und den zwei Adjutanten Baron Giesl und Graf Rosenberg. Dr. Widerhofer war bereits gegen 1/2 9 Uhr hier. Ich sperrte alles ab und bettete Rudolf und auch Vetsera in ihre Betten. Die Betten standen nicht wie Ehebetten nebeneinander, sondern an den beiden Wänden.
Auf dem Nachtkästchen Rudolfs war ein einfacher Zettel, an mich adressiert, und darauf stand: „Lieber Loschek! Holen Sie einen Geistlichen und lassen Sie uns in einem gemeinsamen Grabe in Heiligenkreuz beisetzen. Die Pretiosen meiner teuren Mary nebst Brief von ihr überbringen Sie der Mutter Marys. Ich danke Ihnen für Ihre jederzeit so treuen und aufopferungsvollen Dienste während der vielen Jahre, welche Sie bei mir dienten. Den Brief an meine Frau lassen Sie ihr auf kürzestem Wege zukommen. Rudolf." Jetzt erst brach auch ich zusammen, ich kniete nieder, meinen Kopf auf Rudolfs Arm legend, und weinte bitterlich. Wie lange, das weiß ich nicht. Ein Klopfen scheuchte mich auf; es war bereits Dr. Widerhofer und ein Sekretär, welche den Tatbestand nach meinen Angaben aufnahmen. Denselben Tag noch brachten wir die Leiche Rudolfs nach Baden, wo wir zirka um 9 Uhr abends ankamen. Lakaien trugen den Sarg in einen Salonwagen, und nur Dr. Widerhofer und ich begleiteten unseren guten toten Herrn nach Wien.
Eine große Menschenmenge erwartete uns. Ich fuhr dem Leichenwagen hinterher nach bis in die Burg. Das Weitere ist ja aus den Zeitungen schon längst bekannt.
So lautet einfach und ohne Romantik, genau wie ich es erzählt habe, das Drama von Mayerling, worüber schon so viel von nichteingeweihten Personen geschrieben wurde.
Es wurde oft und oft behauptet, ich erhielt eine große Summe Schweigegeld usw. Das ist alles frei erfunden wie so vieles andre über Kronprinz Rudolf. Rudolf bedachte in seinem Testament alle seine Angestellten. Auf diese Weise bekam ich 2600 fl. nebst Gewehren, Kleidern usw., und ich besitze für jedes einzelne Stück eine Bestätigung.
Es ist eine Fabel, wenn behauptet wird, Loschek war nun ein reicher Mann geworden. Das kleine Kapital hatte ich mir ehrlich und redlich erspart. Auf den vielen Reisen konnte ich mir ja die Diäten ganz auf die Seite legen. Ich bin eigentlich stolz darauf als armer Mann zu sterben.
Kleinwolkersdorf, den 19. Jänner 1928
Johann Loschek Kammerdiener
weiland Kronprinz Erzherzog Rudolf in Pension
? ? des nebenstehenden eigenhändigen Fertigung bestätigen. [Beglaubigt durch den Bürgermeister von Lanzenkirchen]

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