Verschlüsselte Landschaft
Künstler/in
Hermann Josef Painitz
(Wien 1938 - 2018 Mistelbach)
Datierung1978
Material/TechnikAcryl, Farbstift, Fotografie auf Leinwand
Maße200 x 150,3 cm
InventarnummerKS-M 594/81
BereichKunst – Fotografie
Beschreibung
Das Projekt behandelt grundsätzlich einen Code, das Phänomen des Codes und daher den Code im Allgemeinen.
Ausgangsmaterial ist eine Karte des nördlichen Weinviertels. Karten sind bekanntlich codiert, das eingeführte Zeichen für Ortschaften ist zusätzlich von der Pupille abgeleitet, ein Punkt, ein Kreis, eine Scheibe, ein konzentrischer Kreis. Der Code bedient sich hier eines Zeichens mit einfacher Wahrnehmungsqualität.
Die Wahrnehmung selbst besteht in bewusster, mehr aber noch in unbewusster Verwendung vieler Codes, sie ist das Erkennen von Bedeutungen, sie ist das ICH WEISS, DASS …
Ein vom Körper isoliertes Kalbsauge ist bestenfalls eine schlechte Kamera, das Kalb „weiß“ aber, was es sieht, es reagiert. Der Mensch nicht minder. Sehen kann man nur, was man kennt, was man schon kennt, kennengelernt hat. Ein geübter Betrachter einer Landkarte „sieht“ die dargestellte Landschaft, andere brauchen ein Seehotel mit Fernblick, um etwas zu sehen, und es kann sein, dass sie nichts sehen, weil sie nicht kennen. Erst das Kennen stellt den Code bereit, der das Sehen ermöglicht. Nur der Kenner sieht.
Verschlüsselte Landschaft stellt in Form einer Landkarte eine Gegend dar, die ich jahrelang bei ausgedehnten Spaziergängen kennengelernt habe. Der Wald zwischen Poysdorf, Altruppersdorf, Kirchstetten, Neuruppersdorf, Ottenthal, Falkenstein und Poysbrunn ist Einheimischen ein Rätsel, mir jedoch nicht. Ich kenne ihn.
Was macht für gewöhnlich ein Künstler? Er beschäftigt sich mit Dingen, die er kennt, gut kennt, außergewöhnlich gut kennt. Leonardo malt Monna Lisa Gioconda, Rembrandt seine Saskia. Das Leben des Künstlers ist das Hauptelement seiner Kunst, ist es nicht so, ist die Kunst seicht und folgt zumeist einer Mode. (Andere Seichtheiten: Absurdität, Belanglosigkeit, Idiotie.) Das Leben des Künstlers muss die Garantie seiner Kunst sein, und diese Kunst ist dann eine moralische, wenn es so ist. Der moralische Künstler stellt sein Leben dar, und das ist die Treue zum Werk, die Werktreue. Ohne Werktreue gibt es keine Kunst. Werktreue und Moral sind identisch.
Künstler sind keine harten, unerschütterlichen Menschen. Im Gegenteil, sie sind Seismografen, die registrieren – bewusst, aber mehr noch unbewusst – und dann reagieren. Diese Reaktion ist die Kunst. So entsteht eine Kunst, die norditalienischen Stil hat, von Industrie und Design geprägt, es entsteht eine Kunst wie die von Beuys, die Kunst eines deutschen Soldatenschicksals mit offensichtlich erschütternden Erlebnissen in Russland, eine Kunst der USA aus Werbung und Konsum in Riesendimensionen.
So entsteht meine Kunst, die ich im Weinviertel mache und die nichts mit der Kultur des Weinviertels zu tun hat, weil ich durch Zufall ins Weinviertel verschlagen wurde auf meiner Flucht vor der politischen Steinzeit. Diese Kunst trägt den Ausdruck meiner eigenen Kultur. Die Umwelt, die Landschaft ist nichts anderes als das, was die Gesellschaft vorher war. Ich sehe keinen Unterschied zwischen Gesellschaft und Landschaft. Insofern bin ich auf der Suche nach einer wahren Steinzeit. Einer Steinzeit, in der Gesellschaft und Landschaft im Sinne von Umwelt identisch sind, einer wahren Steinzeit, die keine politische Steinzeit ist.
(Hermann J. Painitz)
Ausgangsmaterial ist eine Karte des nördlichen Weinviertels. Karten sind bekanntlich codiert, das eingeführte Zeichen für Ortschaften ist zusätzlich von der Pupille abgeleitet, ein Punkt, ein Kreis, eine Scheibe, ein konzentrischer Kreis. Der Code bedient sich hier eines Zeichens mit einfacher Wahrnehmungsqualität.
Die Wahrnehmung selbst besteht in bewusster, mehr aber noch in unbewusster Verwendung vieler Codes, sie ist das Erkennen von Bedeutungen, sie ist das ICH WEISS, DASS …
Ein vom Körper isoliertes Kalbsauge ist bestenfalls eine schlechte Kamera, das Kalb „weiß“ aber, was es sieht, es reagiert. Der Mensch nicht minder. Sehen kann man nur, was man kennt, was man schon kennt, kennengelernt hat. Ein geübter Betrachter einer Landkarte „sieht“ die dargestellte Landschaft, andere brauchen ein Seehotel mit Fernblick, um etwas zu sehen, und es kann sein, dass sie nichts sehen, weil sie nicht kennen. Erst das Kennen stellt den Code bereit, der das Sehen ermöglicht. Nur der Kenner sieht.
Verschlüsselte Landschaft stellt in Form einer Landkarte eine Gegend dar, die ich jahrelang bei ausgedehnten Spaziergängen kennengelernt habe. Der Wald zwischen Poysdorf, Altruppersdorf, Kirchstetten, Neuruppersdorf, Ottenthal, Falkenstein und Poysbrunn ist Einheimischen ein Rätsel, mir jedoch nicht. Ich kenne ihn.
Was macht für gewöhnlich ein Künstler? Er beschäftigt sich mit Dingen, die er kennt, gut kennt, außergewöhnlich gut kennt. Leonardo malt Monna Lisa Gioconda, Rembrandt seine Saskia. Das Leben des Künstlers ist das Hauptelement seiner Kunst, ist es nicht so, ist die Kunst seicht und folgt zumeist einer Mode. (Andere Seichtheiten: Absurdität, Belanglosigkeit, Idiotie.) Das Leben des Künstlers muss die Garantie seiner Kunst sein, und diese Kunst ist dann eine moralische, wenn es so ist. Der moralische Künstler stellt sein Leben dar, und das ist die Treue zum Werk, die Werktreue. Ohne Werktreue gibt es keine Kunst. Werktreue und Moral sind identisch.
Künstler sind keine harten, unerschütterlichen Menschen. Im Gegenteil, sie sind Seismografen, die registrieren – bewusst, aber mehr noch unbewusst – und dann reagieren. Diese Reaktion ist die Kunst. So entsteht eine Kunst, die norditalienischen Stil hat, von Industrie und Design geprägt, es entsteht eine Kunst wie die von Beuys, die Kunst eines deutschen Soldatenschicksals mit offensichtlich erschütternden Erlebnissen in Russland, eine Kunst der USA aus Werbung und Konsum in Riesendimensionen.
So entsteht meine Kunst, die ich im Weinviertel mache und die nichts mit der Kultur des Weinviertels zu tun hat, weil ich durch Zufall ins Weinviertel verschlagen wurde auf meiner Flucht vor der politischen Steinzeit. Diese Kunst trägt den Ausdruck meiner eigenen Kultur. Die Umwelt, die Landschaft ist nichts anderes als das, was die Gesellschaft vorher war. Ich sehe keinen Unterschied zwischen Gesellschaft und Landschaft. Insofern bin ich auf der Suche nach einer wahren Steinzeit. Einer Steinzeit, in der Gesellschaft und Landschaft im Sinne von Umwelt identisch sind, einer wahren Steinzeit, die keine politische Steinzeit ist.
(Hermann J. Painitz)
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Objektname: Gästebuch
LK202
1830-1887
- Hotel Thalhof / Waissnix Reichenau an der Rax