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Landessammlungen Niederösterreich
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Cycles Galore! / Skulptur Havarieabsetzplatz Klein-Pöchlarn
Landessammlungen Niederösterreich
Foto: Markus Krottendorfer

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Cycles Galore! / Skulptur Havarieabsetzplatz Klein-Pöchlarn

Künstler/in Christian Kosmas Mayer (1976)
Datierung2018
InventarnummerPA-767
Beschreibung
Christian Kosmas Mayers künstlerischer Ansatz ist insofern ein konzeptueller, als seine Werke im Kern ein oder mehrere, nach intensiven Recherchen entdeckte Objekte präsentieren, die quasi als Pars pro Toto für komplexe ökonomische, soziale oder politische Kontexte stehen. Diese Objekte können die Zusammenhänge, deren Resultat oder Produkt sie sind, zwar nicht umfassend abbilden, sie können sie jedoch innerhalb eines nunmehr historischen, aber noch immer aktuellen Narrativs thematisieren.

Unter dem Titel Cyles Galore! präsentiert der Künstler auf dem Havarieabsetzplatz ein originales Motorrad der Marke BMW in einer gläsernen Vitrine. Es steht auf einem Sockel, dessen Umriss einem Containerschiff nachempfunden ist, und zwar der MSC Napoli, die am 18. Jänner 2007 infolge des Orkans „Kyrill“ im Ärmelkanal in Seenot geriet. Mindestens 200 Container gingen dabei vor der südlichen Küste von Devon in Cornwall über Bord. Erste Medienberichte über die Strandung von Teilen der Ladung nahe des Ortes Branscombe tauchten zwei Tage später auf. Das Interesse an den angespülten Waren zog Schaulustige an, die das Strandgut zu bergen begannen. Ihre Zahl erhöhte sich sehr schnell. Als die Situation immer mehr außer Kontrolle geriet – ein offizieller Bericht über die Lage spricht von systematischen Plünderungen –, wurde der Strand zum Tatort erklärt, und die lokalen Autoritäten begannen zu ermitteln.
Zuvor hatte die Polizei vor Ort allerdings noch die Position vertreten, dass jeder, der Strandgut birgt, innerhalb von 28 Tage eine Erklärung über das gerettete Gut abgeben müsse und dieses behalten könne, sofern sich der rechtmäßige Eigentümer nicht ermitteln ließe. Nach einem Bericht der BBC über diese rechtliche Ausgangslage machten sich Menschen aus ganz Südengland auf den Weg nach Branscombe. Medienbilder zeigen Männer, die Weinfässer in einem Ruderboot abtransportieren, die Turnschuhe aufsammeln und aufgeweichte Kartons in den Containern durchwühlen. Ein Foto brachte es zu besonderer Prominenz: Es zeigt drei junge Männer, die mit einem Motorrad posieren, das sie am Strand gefunden hatten. In einem Interview mit dem Daily Telegraph sprechen sie über ihren Fund beim sogenannten „Branscombe Beachcombing“, auch ihre Namen werden genannt. Das wiederum rief die Firma BMW auf den Plan, die Besitzanspruch an dem Motorrad aus ihrer Produktion anmeldete. Es folgte ein längerer Rechtsstreit zwischen beiden Parteien, bis schließlich der international operierende Konzern, resigniert ob der sturen Haltung der Männer, die sich von juristischen Konsequenzen nicht einschüchtern ließen, den Fall ad acta legte.

Es ist dieser Konflikt um Anspruch an Treibgut und proklamierten Herstellerbesitz, um Aneignung und Diebstahl sowie die Dissonanz zwischen lokalem Ereignis und globaler Konzernlogistik, die Christian Kosmas Mayer interessieren. Er hat einen der Besitzer des Motorrads ausfindig machen können, es erworben und am Havarieabsetzplatz aufgestellt. Jetzt repräsentiert es nicht nur die komplizierten Eigentumsverhältnisse im globalen Handel, sondern auch die liquiden Ströme, an denen Globalisierung sich selbst als dichtes, stets in Bewegung befindliches Netz aus Waren und Geld zeigt. Gestrandete Überseecontainer wie jene nach der Havarie der MSC Napoli verweisen auf eine punktuelle Störung im System internationaler Warenzirkulation. Es sind Irrläufer, bei denen Formen des Lokalen und des Globalen auf falsche Weise ineinander geblendet sind und juristisch verbriefte Eigentumsrechte an der Anarchie des Augenblicks scheitern können. Normalerweise verschwindet das weltweite Handelsnetz in der Kartografie maritimer Landschaften. An die Oberfläche tritt es erst dann, wenn es ins Stocken gerät. Christian Kosmas Mayers Werk stellt in diesem Sinne einen Systemfehler zur Schau. Darüber hinaus steht das Motorrad aber auch für die Evidenz des Faktischen: Wie ein Beweisstück ist es Teil einer Erzählung, die sich nicht auf die Havarie eines Containerschiffs im Ärmelkanal beschränkt, sondern grundsätzlich von der globalisierten Ökonomie spricht und davon, wie diese das Verhältnis von nah und fern, lokaler Piraterie und internationalem Handelsrecht bestimmt. Das Motorrad in der Vitrine wäre damit eine paradoxe Fußnote innerhalb eines großen Ganzen.



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Standort KiÖRKlein-Pöchlarn
SammlungskonvolutKunst im öffentlichen Raum Niederösterreich