Schulterschmuck zur gehorsamen Körperhaltung

In Kombination mit unterschiedlichsten Materialien wie Glas, Holz, Stoffen und Fundstücken, sind Metalle - Kupfer, Messing und Edelstahl - Brigitte Langs bevorzugte Werkstoffe. Kunst zu machen bedeutet für die ausgebildete Metallhandwerkerin eine soziale Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft wahrzunehmen. Der ernsten Inhaltlichkeit setzt die Künstlerin gerne spielerische Elemente entgegen. Ihre Objekte können vielfach bewegt, manipuliert, angefasst oder am Körper getragen werden. In den 1980er-Jahren entwickelte sie erste feministische Kopf- und Körperobjekte, die sich im weitesten Sinn mit weiblicher Identität und der diskriminierenden gesellschaftlichen Situation der Frau beschäftigten. Zeitlich parallel entstanden Kravattenobjekte und die Serie Schmuck für den Mann, in der Lang Symbole der Männlichkeit ironisch bricht. In der Herrenserie schließlich setzt sich die Künstlerin mit konventionellen Geschlechterkonstruktionen, Kunstnormen und männlichen Rollenklischees auseinander. Thema ist in diesem Zusammenhang auch die Tragbarkeit von Schmuck und als performatives Element tritt der Körper als Leinwand in den Fokus. Ende der 1980er-Jahre wurden die auf den Körper ihres damaligen Lebenspartners Richard Jurtitsch zugeschnittenen Schmuckstücke in Performances auf Laufstegen präsentiert. Der Schulterschmuck für den Weltlastenträger weist humorvoll darauf hin, dass der Mann allein die Last der Welt schultere, vergessend, dass die Frau eben so viel Verantwortung trägt. Mit dem Schulterschmuck zur gehorsamen Körperhaltung karikiert die Künstlerin das Prinzip der militärischen Disziplin, das eine uneingeschränkte willenlose Unterwerfung vor Autoritäten beinhaltet. Die Konstruktion des Objekts lässt dem Träger nur eine Körperhaltung zu: Breitschultrig und durch einen metallenen Kinnbügel den Kopf leicht erhoben, steht der fügsame Soldat widerspruchslos in Reih und Glied. Die in olivbraunen Tarnfarben lackierten übergroßen Schulterklappen bieten viel Platz für Auszeichnungen und Rangabzeichen.
Hartwig Knack