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Landessammlungen Niederösterreich
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Die Sturm-Bewegung mit ihren Ereignissen und Ursachen am 13. September in Wien
Landessammlungen Niederösterreich
CC BY-NC 4.0

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Die Sturm-Bewegung mit ihren Ereignissen und Ursachen am 13. September in Wien

ObjektnamePlakat
Herausgeber/in Wiener Nationalgarde
Datierung14.09.1848
Material/TechnikPapier
InventarnummerLK197/128
ProvenienzWien
Inschriften
Wer hätte je geglaubt, daß aus dieser Swobodaischen Actiengeschichte ein so großartiger Krawall entstehen würde? -- Aber die freisinnigen Männer Wiens benützten den Augenblick, um dem auf so ungerechte Weise gestürzten Sicherheitsausschusse wieder auf die Beine zu helfen, zugleich sprach man sehr häufig von der Nothwendigkeit, das Ministerium zu stürzen, da es in der That bis jetzt für das Wohl des Volkes gar nichts gethan hat. Leute von der reaktionären Partei sprengten zwar noch außerdem unter dem Publikum aus, daß man in der Aula die Sprengung des Reichstages beschlossen habe, aber daran war nicht ein wahres Wort. Minister Latour, gleichfalls falsch berichtet, meldete dieses dem Reichstage. Zwei Bezirkschefe verlangten militärische Hülfe und in Folge dessen rückten Soldaten ein, die von den gewissen, als schwazgelb bekannten Nationalgarden mit Vivatrufen empfangen wurde. Diese vereinigten sich mit dem Militär, um wahrscheinlich gegen die Freiheit zu kämpfen. Es war beiläufig nach 4 Uhr, als der eigentliche Krawall losging. Eine Masse von Nationalgarden zog auf die Universität, wo sich die Studenten bereits versammelt hatten und steckten auf ihre Mützen und Szakos gedruckte Zetteln auf, deren Inhalt folgender war: „Bürger Wiens! Nur Eins kann Euch retten, die Wiedereinsetzung des Sicherheits-Ausschusses.“ -- Die Feinde des Letztern (man kennt sie schon!!) rissen Einzelnen die Zettel herunter, sie arretirten sogar Einige, dessen ungeachtet wurden sie von den wahren Freunden der Freiheit fortgetragen. Auf der Aula herrschte fortwährend große Aufregung, Füster und mehrere Sprachen für den Sicherheitsausschuss. -- Nach 4 Uhr rückte eine Anzahl von beiläufig 400 Studenten untermischt mit Nationalgarden auf den Hof, wo bereits andere Garden, Militär-Grenadiere und Kanoniere mit Geschützen standen. Den Lauf einer Kanone richtete man gegen die Studenten, welche in der Mitte des Platzes standen, da die Garden größtentheils ein Viereck am äußersten Rande des Hofes gebildet hatten; ein Schuß ging zufällig los, Infanterie rückte heran, stellte sich hinter den Garden auf und sperrte die Straßen ab. Da wurde ein Erlaß verlesen, worin es hieß, daß alle jene, welche die bewußten Zettel an ihren Hüten tragen, der Waffen beraubt und eingesperrt werden; dieß erregte Unwillen, ein großer Theil der Garden, welhcer die Studenten verlassen dastehen sah, rief: „Hoch die Universität!“ und einzelne gingen dann mit den Studenten mitten durch das Milität auf den Universitätsplatz, wo sie mit unbeschreiblichem Jubel empfangen wurden. Es entstand große Aufregung und allgemein hieß es, auf der Universität baue man Barrikaden; behuf dessen tritt ein k.k. General auf die Universität und überzeugte sich von der Richtigkeit dieses Gerüchtes. Das Militär besetzte alle Hauptplätze, den Stephansplatz mit 6 Kanonen, sowie auch alle Thore. Beim Stubenthore wurde es von der Nationalgarde der Landstraße mit – Vivat – empfangen. Die Studenten mit den brüderlich gesinnten Garden der Vorstädte sperrten gleichfalls die Gassen um die Universität ab. -- Goldmark erschien in der Aula und erklärte, daß das Militär abziehen werde, sobald man von der Creirung des Sicherheitsausschusses abstehe. Ein einstimmiges – Nein – scholl ihm entgegen. Füster ging mit mehreren als Deputation in den Reichstag, andere zum Ministerium, aber vom Sicherheitsausschusse wollte man nichts wissen. Inzwischen waren Massen von Nationalgarden auf die Universität gekommen und zwischen Studenten und diesen wackern Männern herrschte die größte Freundschaft. Da Latour dadurch die Aula verunglimpft hatte, daß er erklärte, sie wolle den Reichstag sprengen, so erklärte das Studenten-Comitee entgegen dem Plakate, daß sie weder die Sprengung des Reichstages noch des Ministeriums beabsichtigt habe. -- Der Reichstag hat sich permanent erklärt und verfügt, daß das Militär von den Plätzen abziehen soll, aber am Hof und am Hohenmarkt stand es noch nach 10 uhr Abends. Die Thore waren natürlich sämmtlich gesperrt und mit Militär besetzt. Nach 9 Uhr verläßt das Militär die in den innern Stadttheilen eingenommenen Posten und concentrirt sich am Hohenmarkt und Hof, auf welchem die mit dem Militär vereinigten Nationalgarden ein großes Wachtfeuer anzünden. Nach 10 Uhr vermindert sich die früher große Bewegung und der größte Theil der Studenten und Nationalgarden geht ruhig nach Hause. Ob der Sicherheitsausschuss wieder ins Leben tritt oder nicht, ist bis zur Stunde noch nocht bekannt, der heutige Tag dürfte daher ein entscheidender sein, da man hoffentlich auch wegen dem Einschreiten des Militärs Rechenschaft fordern wird, indem 2 Bezirkschefe nicht für die ganze Nationalgarde stimmgebend sein können. Wir wollen inzwischen den besten Ausgang der Geschichte erwarten und hoffen, daß das Ministerium endlich zur einsicht kommen und glauben wird, daß das Volk auch eine Stimme hat. Hoch die wackern Bürger und Nationalgarden Wiens, die sich der Sache der Freiheit angeschlossen haben. „Hoch die Universität!“ Wien, am 14. September 1848. S.“