The Maternal makes everything flourish

Die achtzig Bilder umfassende Diaprojektion Projizierte Frauenbilder markierte 2003 den Beginn der Arbeit mit Kittelschürzenstoffen, die sich fortan wie ein karierter Faden durch das Werk Petra Bucheggers ziehen sollten. Ihren künstlerischen Ansatz erklärte sie folgendermaßen: „Meine Arbeit steht im theoretischen Zusammenhang mit der feministischen Philosophie der Mailänderinnen – das ist das Autorinnenkollektiv der Mailänder Libreria delle donne und die Veroneser Philosophinnengemeinschaft Diotima. Zentrales Standardwerk ist das Buch Die symbolische Ordnung der Mutter von Luisa Muraro. Die Inhalte wie weibliche Genealogie (…) und die Bedeutung von weiblicher Freiheit und Differenz verarbeite ich in der Auseinandersetzung mit dem Kleidungsstück der Kittelschürze, die bevorzugt von meiner Groß- und Urgroßmutter getragen wurde.“ Indem Buchegger selbst in der Kittelschürze vor der Kamera posiert, begibt sie sich in die Rolle ihrer weiblichen Ahnen und wertschätzt dadurch die Arbeit und den Einsatz der Frauen und Mütter für ihre Familien und die Gemeinschaft. In einem Gespräch im Jahr 2014 bedeutete die Künstlerin mir gegenüber, es bestehe aus feministischer Sicht die Notwendigkeit, symbolisch wie auch praktisch in die Kittelschürze zu schlüpfen, um sie selbstbestimmt zu tragen und auch selbstbestimmt jederzeit ablegen zu können. Nähobjekte aus Kittelschürzenstoff wie The maternal makes everything flourish beziehen sich auf die Texte von Luisa Muraro, führen in direkter Linie in das Spektrum der Subsistenzwirtschaft und zur Videoarbeit Gewächshaus, wo ganz wörtlich das „Mütterliche alles gedeihen lässt“. Im Video zu sehen ist die Mutter von Carlos Ríal, dem damaligem Partner der Künstlerin, die in Galizien Kittelschürzen produziert, auf Märkten verkauft und in ihrem Gewächshaus Gemüse für die Familie anbaut. Buchegger stellt in ihren Arbeiten Fragen nach individuellen Lebensentwürfen und dem Wert von Arbeit, die nahezu ausschließlich auf Selbstversorgung und Sicherstellung des Lebensunterhaltes einer kleinen Gemeinschaft ausgerichtet ist.
Hartwig Knack