FRATRES - Wohin verschwinden die Grenzen? Kam Mizí Hranice?
Künstler/in
Iris Andraschek
(Horn 1963)
Datierung2009
Material/TechnikEisen, Buchstaben aus Schichtplatten
InventarnummerPA-339
Beschreibung
Sichtbare Grenzen werden innerhalb der Europäischen Union nach einem festgelegten Zeitplan abgebaut und verschwinden – zumindest scheinbar. Entsprechend paradox ist der Satz "Wohin verschwinden die Grenzen?". Würden sie wirklich verschwinden, müssten wir nicht fragen, wohin Sie wandern: einerseits an die EU Außengrenzen, wo sie in sehr ähnlicher Erscheinungsform – als Stacheldrahtzäune, Absperrungen, Mauern, strenge Personen und Warenkontrollen etc. – wieder auftauchen, andererseits weg von der Grenze in das Land hinein, in (überwachte und eingezäunte) Siedlungen, in Diskussionen und Maßnahmen zu Sicherheit, Migration, Aufenthaltsrecht etc. Die Arbeit "Wohin verschwinden die Grenzen?" steht direkt neben dem in den frühen 90er-Jahren neu errichteten österreichischen und tschechischen Grenzübergang bei Fratres. Die Metallkonstruktion – 4 Meter hoch und über 50 Meter lang – ist Display für einen Schriftzug und für Bildtafeln und gleichzeitig ein Verweis auf staatliche und private Abgrenzungsstrategien.
Zentrum der Konstruktion war für zwei Jahre eine Arbeit, die vorwiegend mit Laiendarsteller_innen mit Migrationshintergrund in Čížov inszeniert wurde, wo ein letzter Rest musealisierter "Eiserner Vorhang" steht. Die Fotografien wurde im Herbst 2012 – mittlerweile von Wind und Wetter verblichen – wieder abgenommen. Eine Wiederaufnahme und Weiterführung des im Jahr 2009 gestarteten Projekts erscheint sinnvoll, hat sich doch die Diskussion seit damals weiterbewegt und zugespitzt. Die Grenzübergänge innerhalb der Schengenländer sind zum Großteil real abgebaut und alles, was landläufig an Grenze im klassischen Sinn erinnert, ist verkauft und demontiert worden. Die Grenzhäuser wurden privatisiert, die Anbauten, Befestigungen, Schranken, Kontrollhäuschen etc. zerlegt und abtransportiert. Damit ist ein Stück Zeitgeschichte verschwunden – ein Umstand, der uns zu Zeitzeugen macht. Wir sind innerhalb der EU ein gutes Stück freier geworden, aber auch beklommen in Anbetracht der Flüchtlingsströme aus Kriegs- und Krisengebieten und in Vergegenwärtigung der andernorts neu errichteten Zäune und Mauern. Die Festung Europa versucht, sich an den Außengrenzen gegen Eindringlinge abzuschotten, und beauftragt internationale Sicherheitsfirmen mit der Überwachung ihrer Grenzen, deren Sicherung dem Aufgreifen und Abschieben von Übertreterinnen, Überläuferinnen und Überfahrerinnen sowie der Erhaltung des Status quo für uns Europäer_innen dient. Verschiedene Staaten bauten unüberwindbare Mauern, andere überlegen deren Errichtung. Modernster Stacheldraht und meterhohe Sicherheitsbarrieren sichern die Außengrenze in Marokko, wo das "Grenzproblem" überhaupt an ein Nicht-EU Land ausgelagert wurde. Täglich lesen wir von immer noch höheren Zahlen von umgekommenen und aufgegriffenen Personen, die in der Hoffnung auf ein neues Leben an unsichtbaren, aber nicht minder effektiven Grenzen gescheitert sind.Die Frage "Wohin verschwinden die Grenzen?"/"Kam mizí hranice?" ist 2014 virulenter denn je. Die Arbeit ist der Versuch, bei allen berechtigten Feierlichkeiten zum Fall des Eisernen Vorhanges Aufmerksamkeit auf die neuen Grenzen und Mauern zu richten und sich der Bedeutung eines kontinuierlichen Engagements für den Frieden bewusst zu werden. Wir haben Künstler_innen aus Tschechien, Polen und Österreich eingeladen, mit ihren Arbeiten auf vergangene, gegenwärtige und zukünftige Grenzdiskurse zu verweisen und diese zu reflektieren. (Iris Andraschek und Hubert Lobnig)
Zentrum der Konstruktion war für zwei Jahre eine Arbeit, die vorwiegend mit Laiendarsteller_innen mit Migrationshintergrund in Čížov inszeniert wurde, wo ein letzter Rest musealisierter "Eiserner Vorhang" steht. Die Fotografien wurde im Herbst 2012 – mittlerweile von Wind und Wetter verblichen – wieder abgenommen. Eine Wiederaufnahme und Weiterführung des im Jahr 2009 gestarteten Projekts erscheint sinnvoll, hat sich doch die Diskussion seit damals weiterbewegt und zugespitzt. Die Grenzübergänge innerhalb der Schengenländer sind zum Großteil real abgebaut und alles, was landläufig an Grenze im klassischen Sinn erinnert, ist verkauft und demontiert worden. Die Grenzhäuser wurden privatisiert, die Anbauten, Befestigungen, Schranken, Kontrollhäuschen etc. zerlegt und abtransportiert. Damit ist ein Stück Zeitgeschichte verschwunden – ein Umstand, der uns zu Zeitzeugen macht. Wir sind innerhalb der EU ein gutes Stück freier geworden, aber auch beklommen in Anbetracht der Flüchtlingsströme aus Kriegs- und Krisengebieten und in Vergegenwärtigung der andernorts neu errichteten Zäune und Mauern. Die Festung Europa versucht, sich an den Außengrenzen gegen Eindringlinge abzuschotten, und beauftragt internationale Sicherheitsfirmen mit der Überwachung ihrer Grenzen, deren Sicherung dem Aufgreifen und Abschieben von Übertreterinnen, Überläuferinnen und Überfahrerinnen sowie der Erhaltung des Status quo für uns Europäer_innen dient. Verschiedene Staaten bauten unüberwindbare Mauern, andere überlegen deren Errichtung. Modernster Stacheldraht und meterhohe Sicherheitsbarrieren sichern die Außengrenze in Marokko, wo das "Grenzproblem" überhaupt an ein Nicht-EU Land ausgelagert wurde. Täglich lesen wir von immer noch höheren Zahlen von umgekommenen und aufgegriffenen Personen, die in der Hoffnung auf ein neues Leben an unsichtbaren, aber nicht minder effektiven Grenzen gescheitert sind.Die Frage "Wohin verschwinden die Grenzen?"/"Kam mizí hranice?" ist 2014 virulenter denn je. Die Arbeit ist der Versuch, bei allen berechtigten Feierlichkeiten zum Fall des Eisernen Vorhanges Aufmerksamkeit auf die neuen Grenzen und Mauern zu richten und sich der Bedeutung eines kontinuierlichen Engagements für den Frieden bewusst zu werden. Wir haben Künstler_innen aus Tschechien, Polen und Österreich eingeladen, mit ihren Arbeiten auf vergangene, gegenwärtige und zukünftige Grenzdiskurse zu verweisen und diese zu reflektieren. (Iris Andraschek und Hubert Lobnig)
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Standort KiÖRFratres
SammlungskonvolutKunst im öffentlichen Raum Niederösterreich
PA-392
2013
- Marlene Streeruwitz
- Lina Streeruwitz