O.T.

Die Frist- und Profitgetriebenheit des Illustrationsgeschäfts bewog den Cartoonisten Wulf Bugatti 1983 dazu, im Alter von 44 Jahren als Autodidakt vollständig in den Bereich der bildenden Kunst zu wechseln (1). Fortan verband er bei seinen Zeichnungen, Gemälden, Collagen und Objekten formale Schemenhaftigkeit und rudimentäre Materialität mit präzise gewählten Zitaten der Kunstgeschichte (2). Das wiederkehrende Motiv des Harlem Dog manifestierte sich etwa als Objekt, bei dem Bugatti Papier über Eisenstangen legte, um es anschließend verwittern zu lassen. Dadurch mutet die Arbeit paradoxerweise ebenso ephemer wie versteinert an. Gleichzeitig evoziert die filigrane Gestalt jene prekäre Balance, die erstmals Alberto Giacometti mit ikonischen Skulpturen wie Le Chien als Thema in die Kunst einführte. Tuschezeichnungen von 1989 spiegeln wiederum tachistische Malweisen wider (3), während der monumentale Harlem Dog von 1999 nicht nur Jackson Pollocks The She-Wolf von 1943, sondern auch die prähistorischen Höhlenmalereien von Lascaux zu paraphrasieren scheint. Dabei gelang es Bugatti, die Aufgabe des Satirikers, Wesentliches zu erfassen und auf ungewöhnliche Weise zu verklären, produktiv in seine Kunst zu übersetzen.
Nikolaus Kratzer

(1) Zur Biografie Bugattis vgl.: Margit Zuckriegl, „Unmut und Anmut. Zu den Falt- und Schrägbildern von Wulf Bugatti“, in: Wulf Bugatti. Schräg- und Faltbilder, Ausst.-Kat. Österreichische Postsparkasse, Wien 1990, o. P.; Wolfgang Krug, „In Memoriam Wulf Bugatti. 1939–2021“,in: landessammlungen-noe.at/de/neuigkeiten/wulf-bugatti.html (zuletzt aufgerufen am 16. März 2022).
(2) Peter Baum, „Bugatti“, in: Walter Koschatzky (Hg.), Wulf Bugatti. Arbeiten 1983–86, Ausst.-Kat. Albertina, Wien, Neue Galerie der Stadt Linz – Wolfgang-Gurlitt-Museum, Wien 1987, o. P.
(3) Ebd.